Montag, 14. Juli 2014

14.07.2014, Tatort: Morgenmagazin

Das Morgenmagazin der ARD fällt eher selten durch journalistische Schärfe und Kompetenz auf.

So auch heute morgen, als sie den Vorsitzenden des NSA-Untersuchungsausschusses zu Gast hatten, Patrick Sensburg, einen CDU-Mann, der vom Co-Moderator erstmal als Phillip Sensburg anmoderiert wurde. Dieser Ausschuss ist bisher nicht unbedingt durch ernsthafte Bemühungen oder überhaupt den festen Willen aufgefallen, tatsächlich irgendetwas aufklären zu wollen.

Sensburg sollte nun die neuesten Spionage-Vorwürfe kommentieren. Die Moderatorin fragte dann zunächst, ob Sensburg seine beiden Handys, eines davon ein sogenanntes "Krypto-Handy" schon habe überprüfen lassen, da er nun ja zum "Objekt" geworden sei. Offenbar wirkt sich der frühe Arbeitsbeginn nach  dem nächtlichen WM-Finale negativ auf die Formulierungskünste der MoMa-Mitwirkenden aus.

Was die Frage der Moderatorin mit ihrer Frage allerdings ausklammert: Soweit wir wissen, sind alle Bürger Deutschlands "Objekte" (des Interesses) für US-Geheimdienste, nicht nur die Mitglieder des Ausschusses. Und das nicht erst seit gestern und unter aktiver Mithilfe deutscher Behörden.

Im Anschluss durfte sich Sensburg lächerlich machen, indem er erklärte, der Ausschuss würde zum Schutz vor Spähangriffen über den Einsatz mechanischer Schreibmaschinen nachdenken und "andere" Maßnahmen treffen, über die er "selbstverständlich nicht reden werde".

Die "wirklich wichtigen" Sitzungen würden natürlich in anhörsicheren Räumen stattfinden. Was natürlich nur insofern Sinn macht wenn a) nicht bereits ein Mailwurf mit im Raum ist, b) die Bundesregierung den USA nicht ohnehin sämtliche gewünschten Infos freiwillig liefern würde, wie verschiedene Regierungsvertreter erklärten und c) in diesen Sitzungen wirklich etwas Relevantes besprochen wird. Bisher hat gerade der CDU/CSU-Flügel des Ausschusses ja im Wesentlichen dadurch geglänzt, nach Gründen zu suchen, eine Befragung Edward Snowdens zu vermeiden.

Danach folgte mitunter der größte Schenkelklopfer des Interviews, als der Mann tatsächlich den deutschen Diensten bescheinigte, sie würden einen guten Job machen. Dieselben Dienste, die seit Jahren den Amis dabei helfen, Bundesbürger auszuspionieren, die kaum Erfolgsergebnisse vorzuweisen haben, seit Jahrzehnten die rechte Szene querfinanzieren und spätestens in der NSU-Affäre von einem Fettnapf in den nächsten getaumelt sind.

Auch danach fiel nicht ein einziges Wort über die Rechtsbrüche am deutschen Normalbürger. Stattdessen redete Sensburg, der übrigens jedes seiner Worte so stakkatomäßig und formalistisch abfeuerte, als hätte er seine Antworten auswendig gelernt, über Spionage von "privaten Dritten", die "Daten abspielen" würden, wer und was auch immer damit gemeint sein sollte.

Dieser Antwort folgte eine Steilvorlage der Moderatorin, die ernsthaft fragte, wo er denn das größere Problem sähe, in der Spionage, über die man sich ja eigentlich nicht wundern müsse ("das passiert nun mal"), oder in der NSA-Affäre. So, als könne man diese Themen überhaupt voneinander getrennt betrachten. Sensburg entblödete sich nicht, in der Spionage das größere Problem zu sehen, weil durch Industriespionage ja ein hoher wirtschaftlicher Schaden entstünde.

Am Ende wurde es dann doch noch kurz beinahe spannend, als die Moderatorin mit einem Anflug journalistischer Aufmüpfigkeit dann doch noch fragte, wer denn nun eigentlich die Bürger vor Spionage schütze.
Leider ließ sie sich von Sensburg mit Worthülsen abspeisen. "Die Politik" müsse hier "Rahmenbedingungen setzen" - so, als hätte er mit "der Politik" nichts zu tun. Der Ausschuss würde am Ende dazu auch "Empfehlungen abgeben".

Soso, "Empfehlungen". Was aus denen wird, kann man sich ja an allen verfügbaren Fingern abzählen, nachdem wesentliche Regierungsvertreter bereits frühzeitig versichert haben, dass wir "unseren amerikanischen Freunden" nicht böse sind. Oder zumindest nicht lange sein werden. Was auch nicht weiter verwundert, wenn man schaut, wer so über die "Atlantikbrücke" und ähnliche Strukturen metertief im neokonservativen Rektum der Amerikaner steckt.

Überlegen wir uns nur mal kurz, was wäre, wenn es hier nicht um Amerikaner, sondern um Russen gegangen wäre. Oder Griechen. Man ist versucht zu sagen "viel schlimmer und konsequenter". Aber ist das wirklich so? Sind nicht auch die Russen unsere Freunde? Ist nicht der ganze Rest der Welt mit uns befreundet, mit Deutschland, dem "Exportweltmeister"? Ich bin davon überzeugt, dass, ginge es nach der Bundesregierung, hier jede Nation die privaten Daten deutscher Bürger heraustragen dürfte, solange sie uns nur weiter unsere U-Boote und Volkswagen abkaufen.

Wer möchte, kann sich den Beitrag unter folgendem Link bis zum 22.07. anschauen: http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/morgenmagazin/videos/nsa-ausschuss-das-comeback-der-schreibmaschine-100.html .



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