Dienstag, 23. Dezember 2014

22.12.2014, Tatort: Tal der Ahnungslosen

Auf einem Kommentar-Blog Fremdmaterial einzustellen, statt selbst zu schreiben ist eigentlich lame.

Aber dem Beitrag von Frank Stauss habe ich nichts hinzuzufügen: http://frank-stauss.de/index.php/wutburger-der-aufklarung/

Außer vielleicht: Ja, PEGgI is auch DA. Irgendwo zwischen den widerlichen Biedermännern und -frauen, selbsternannten Verlierern, Nazis in Kittelschürzen, Spinnern und Kriminellen. RTL-Mitarbeitern und BILD-Hetzern.


Sonntag, 5. Oktober 2014

03.10.2014, Tatort: Deutschland

Trotz AfD, NSU, WM-Gewinn und dem bizarren Sterben der Friedensbewegung: Was ich am Deutschland des 21. Jahrhunderts am allermeisten schätze, ist der beeindruckende Mangel an Hurra-Patrioten, wenn es um Kriegseinsätze geht.

Gewiss: Die Proteste gegen die permanenten Rüstungsexporte in Krisengebiete dürften hierzulande ruhig etwas lauter ausfallen. Auch die Reaktionen auf die fortgesetzten Versuche der Bundesregierung, der Bevölkerung die Beteiligung Deutschlands an Kriegseinsätzen schön zu reden, hätte ich mir deutlicher gewünscht.

Andererseits: Die ablehnende Gleichgültigkeit, mit der die Deutschen diesen Kriegsambitionen begegnen, reicht eigentlich auch schon. Völlig egal, was die Kriegsmüdigkeit unserer Nation ausgelöst hat, seien es nun die Schatten der Vergangenheit oder die banalen Verlustängste der Moderne: Ich finde sie wunderbar. Da können Merkel, von der Leyen und De Maiziere noch so beliebt sein, in dem Punkt lässt die deutsche Bevölkerung die Lakaien des "militärisch-industriellen Komplexes" eiskalt abblitzen.

Bleibt zu hoffen, dass nicht doch irgendwann irgendein politischer Hetzer einen Weg findet, diese Entwicklung umzukehren.

Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.

Donnerstag, 18. September 2014

18.09.2014, Tatort: Schottland

Kann mir bitte nochmal jemand erklären,

- warum das Kosovo sich einseitig von Serbien lossagen konnte, was der Westen bzw. die NATO-Mischpoke einstimmig begrüßten,

- sich unter internationalem Beifall sämtliche Sowjetstaaten, die wollten, sich von der UdSSR lossagen durften, mit ausdrücklicher Zustimmung der Russen,

- sich Schottland per Volksentscheid einseitig vom United Kingdom lossagen darf, ohne befürchten zu müssen, dass Cameron Bomber losschickt,

- die Bayernpartei seit Jahrzehnten ungestraft von der Unabhängigkeit Bayerns faseln darf, ohne dass denen jemand die Konten sperrt, man darf die sogar wählen,

aber wenn sich Krim und Donbass einseitig von der Ukraine lossagen, der Westen Gift und Galle geifert und die Panzer aus der Garage holt?

Sonntag, 7. September 2014

07.09.2014, Tatort: Spiegel Online

Forscher haben herausgefunden, dass Angela Merkel sich in ihrer Politik sehr stark von Meinungsumfragen leiten lässt. (LINK)

Ach.
Tatsächlich.
Soso.

Wie lange mussten die wohl forschen, um zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis zu kommen?
Am Ende finden die noch heraus, dass die Erde gar keine Scheibe ist. Man muss ihnen nur genügend Zeit geben.

Nun gut, das eigentlich Verwerfliche daran ist ja, dass La Merkel alle paar Tage eine neue Umfrage in Auftrag geben ließ. Auf Kosten der Steuerzahler, nur um herauszufinden, in welchen Wind sie ihr Jäckchen hängen muss, damit ihr das Wahlvolk weiter aus der Hand frisst.

Danke, Angie. Danke für nichts.

Mittwoch, 3. September 2014

02.09.2014, Tatort: Deutscher Bundestag

Claudia Roth hat Recht.

Wer hätte gedacht, dass ich das mal sagen würde.

Es fehlt an einem Konzept, wie man mit der Situation im Irak und in Syrien umgeht. Waffenlieferungen an die Kurden allein sind noch kein Konzept.

Eine solche Strategie hat noch nie sonderlich gut funktioniert. Mit der Logik "Der Feind meines Feindes ist mein Freund." sind die USA in ihrer Außenpolitik schon unzählige Male gescheitert, gerade in der islamischen Welt. Um ein weiteres zwiespältiges Zitat zu bemühen "Waffen töten keine Menschen, Menschen töten Menschen".
Soll heißen: Wenn Deutschland heute Waffen in eine Krisenregion liefert, kann kein Mensch garantieren, dass sich diese Waffen nicht morgen gegen Deutsche oder deren jeweilige "Verbündete" richten. In wessen Händen auch immer.

Zumal Waffenlieferungen an sich nur an der Oberfläche des Konfliktes kratzen. Wer wirklich daran interessiert ist, den Krieg in Syrien/Irak zu beenden, der sollte sich erstmal die Geschichte dieses Konflikts näher anschauen.
Der muss fragen, wo die Islamisten herkamen, wer sie unterstützt, warum sie es geschafft haben, ohne wesentliche Gegenwehr große Teile von Syrien und des Iraks zu erobern.
Der muss fragen, wie der Westen spätestens seit dem ersten Irakkrieg dazu beigetragen hat, dass die Situation so ist, wie sie ist. UM DANN DARAUS LEHREN FÜR DAS AKTUELLE HANDELN ZU ZIEHEN. (Wann verlernen Politiker eigentlich, aus Fehlern zu lernen? Passiert das automatisch mit dem Erhalt des Parteibuchs?)
Einfach noch mehr Waffen in den Ring zu werfen kann nicht die Lösung des Problems sein.

Eine besonders widerwärtige Rolle nimmt derzeit die CDU ein. Während auf der einen Seite der vorbehaltlosen Aufrüstung das Wort geredet wird - man könnte angesichts einiger geifernder Wortbeiträge beinah von Kriegshetze sprechen - wird auf der anderen Seite das Thema Flüchtlings- bzw. humanitäre Hilfe kleingeredet.
Da entblöden sich tatsächlich CDU-Spitzenpolitiker nicht, zu betonen, die Flüchtlinge wollten ja gar keine Flüchtlinge sein und wollten ja eigentlich dort bleiben, wo sie zuhause seien. Und die Lieferungen von Zelten würde nicht genügen, wenn sie dann in den Zelten sterben würden.
Äußerungen wie diese sowie die restriktive Syrien- und Flüchtlings-Politik der Bundesregierung legen noch einen anderen, viel perfideren Grund für Waffenlieferungen nahe: Man möchte vermeiden, sich der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen in großer Zahl zu stellen. Noch mehr: Man möchte vermeiden, Flüchtlinge aufnehmen zu müssen, oder sich mit einem "Nein" auf diese Frage international zu blamieren. Die Leute sollen da bleiben, wo sie sind, und im Zweifel da sterben, wo sie sind. Denn Asylbewerberheime kosten Wählerstimmen, gell, CDU?

Man stelle sich vor, die Schweiz, USA und andere, bei denen aus Hitler-Deutschland flüchtende Juden um Aufnahme gebeten haben, hätten den Flüchtlingen damals stattdessen in die eine Hand eine Knarre, in die andere ein Päckchen Aspirin gedrückt und ihnen nahegelegt, sie mögen doch bitte in ihrem Heimatland bleiben und kämpfen.

Was sonst noch zu sagen wäre: Volker Kauder darf zwar zu Recht anprangern, dass Salafisten in deutschen Fussgängerzonen Werbung für den Heiligen Krieg machen. Allerdings sollte er dann vielleicht darauf verzichten, im selben Atemzug die Verteidigung seiner christlichen Glaubensbrüder im Irak mit Waffengewalt zu propagieren. Das klingt nämlich auch verdächtig nach "heiligem Krieg".

Nebenbei: Die Bundeswehr scheint derzeit lediglich eine Art Durchlauferhitzer für Kriegsgerät zu sein. Ein paar ausgemusterte Panzer hier, ein paar Schiffe dort, Fahrzeuge, Gewehre, Raketen - alles von der Bundeswehr abgeschrieben und ausgemustert.

Da frag ich mich doch, wieso die BW ständig Sachen ausmustert, die offenbar noch voll einsatzfähig sind. Wer kauft den ganzen Mist, wenn ihn dann keiner braucht? Und wer schafft ständig neues Spielzeug an? Wofür?  Für die nicht mal 2% BW-Angehöriger, die sich auf Auslandseinsätzen befinden, wird der ganze Krempel ja wohl nicht sein.
Deutschland hat die siebthöchsten Rüstungsausgaben weltweit. Für was für Kriege decken wir uns denn da ein, wenn man mal fragen darf? Haben wir das nötig?
Wollen die mir im Ernst erzählen, dass sie jedes Jahr Equipment für Hunderte Millionen Steuergelder anschaffen, das dann solange in irgendeiner deutschen Kaserne verstaubt, bis es "gut abgehangen" ins Ausland verhökert wird? Als verdeckte Subvention, man könnte es auch Kaufanreiz nennen, für deutsches Kriegsgerät, auf Kosten der Steuerzahler?

Donnerstag, 31. Juli 2014

Leseempfehlung

"Lüge in Kriegszeiten" (heise.de)

Kommentar zur Ukraine-Krise (Stern)

Offenbar finden sich langsam doch ein paar Medien bereit, aus dem Chor der Anti-Russland-Kriegspropaganda-Plärrer auszuscheren und einen etwas differenzierteren Blick auf die Vorgänge zu werfen.

Montag, 28. Juli 2014

28.07.2014, Tatort: Europa

Europa hat sich nun "endlich" dazu durchgerungen, Rußland mit Sanktionen abzustrafen. Kein Wunder, die USA haben ja lange genug gequengelt.
Was ich mich nur die ganze Zeit frage: Warum eigentlich? 
Bisher liegt doch nur der unbewiesene Vorwurf auf dem Tisch, dass die Russen irgendwie die Hauptschuldigen am Ukraine-Konflikt sind. Wie sich das mit der Krim und dem Völkerrecht verhält, darüber kann man sich auch lange streiten. Die Lage in der Ukraine ist bestenfalls unübersichtlich.
Und aufgrund dieser vagen Ausgangslage straft die EU Putin ab und gefährdet weiter das ohnehin strapazierte Verhältnis zur Russischen Föderation? Was ist denn aus dem Prinzip "in dubio pro reo" geworden?

Was vielleicht noch unglaublicher ist: Man darf wohl, zumindest was Europa betrifft, von einer Rundum-Überwachung jeglicher Kommunikation in Westeuropa ausgehen. Außerdem von der Überwachung sämtlicher Flugbewegungen allgemein und der Situation in der Ukraine im Speziellen, und zwar mit allem, was der Westen an Lausch- und Späh-Technologie so aufzubieten hat. Und trotzdem scheint kein Mensch zu wissen, wer die Maschine abgeschossen hat. Oder weiß es, sagt aber nix. Aus was für Gründen auch immer.
Man kann mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit behaupten (genau weiß man auch das nicht), dass es sich um einen Unfall gehandelt hat. Denn keine Partei profitiert vom absichtlichen Abschuss einer zivilen Maschine. So etwas läßt jede Konfliktpartei zum Paria werden, egal wie vorher die Sympathien verteilt waren.

Andererseits scheint der komplette Westen ohnehin schon zu wissen, wer hinter dem Abschuss steckt. Glaubt man den Polemiken in der westlichen Welt, muss man den Eindruck gewinnen, Putin höchstpersönlich hätte das Flugzeug abgeschossen, mit freiem Oberkörper und einem hämischen Film-Bösewicht-Lachen.

Putin selbst sagt nicht viel, außer: Warten wir ab und tragen alle Beweise zusammen. Nicht, dass ich für Russen im allgemeinen oder Putin im Speziellen besondere Sympathien hegen würde, im Gegenteil. Aber die primitive Festlegung auf das Bild des „bösen Russen“ ist absolut lächerlich, gefährlich lächerlich. 

Man darf Putin für seine besonnene Haltung eher gratulieren, angesichts der Hetze, der sich Russland seit Beginn des Ukraine-Konflikts ausgesetzt sieht. Traurig ist es, mit anzusehen, wie wenig die westlichen Staaten, EU und NATO bereits sind, ihre eigene Rolle in diesem miesen Spiel zu reflektieren. Da wären die nicht eingehaltenen Garantien, was die Ausweitung der NATO angeht. Da wäre die unverhohlene Unterstützung der EU für eine ukrainische Regierung, die sich zum Teil aus Neonazis zusammensetzt, und die als erste Amtshandlung die Rechte der russischen Minderheit in der Ukraine eingeschränkt hat.
Was hätten (und haben in der Vergangenheit) die USA alles getan, um befreundete Regime und Diktatoren oder auch ihre im Ausland lebenden Landsleute zu unterstützen? Das ausgerechnet im Washington die größten Kritiker der russischen Politik sitzen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Da ist es nur gut von  Jan Augstein, im SPON nochmal an den versehentlichen Abschuss eines iranischen Zivilflugzeugs durch die Amerikaner im Jahr 1988 zu erinnern.

Die traurige Realität ist doch: Wo Krieg ist, sterben immer auch Unbeteiligte. (Der Begriff „Kollateralschaden“ hat es im Rahmen der NATO-Berichterstattung zum Kosovo-Krieg 1999 zum „Unwort des Jahres“ gebracht.)
Ein Grund mehr, alle Kräfte zu mobilisieren, Konflikte ohne Waffen beizulegen und auch in der Rhetorik mit Besonnenheit zu Werke zu gehen. Es sind schon (Welt-)Kriege aus geringfügigeren Gründen vom Zaun gebrochen worden. Schlimm genug, dass die Weltpolitik wieder über das atomare Gleichgewicht diskutiert, seit die NATO (!) mit dem Bau ihrs Abwehrschirms in Osturopa begonnen hat. 
Da gehört es zu den bizarren Randnotizen dieses Konflikts, dass mitten in der der Krise, während eifrig diskutiert wird, wie und in welchem Umfang Russland nun bestrafen bzw. sanktionieren soll, die Franzosen darauf bestehen, den Russen (also dem nach NATO-Duktus „Aggressor“ in dem Konflikt) zwei Kriegsschiffe zu verkaufen. 

Gut für den Westen, dass es „nur“ Schiffe sind und keine Flugabwehrsysteme. Wie hätte das denn erst ausgesehen?

Wem das als Denkanstoß noch nicht reicht, der möge sich mal die Geschichte des US-Bundesstaates Texas anschauen. Und dann mal die Rhetorik vergleichen zwischen den Separatisten von Alamo ("Freiheitshelden") und denen aus der Ostukraine ("Terroristen").

Mittwoch, 23. Juli 2014

21.07., Tatort: Spiegel

Ex-Bundespräsident Wulff übt Kritik an den Medien. Und nutzt dafür: die Medien, in diesem Fall den Spiegel.

Tatsächlich entblödet Wulff sich nicht, die Politik aufzufordern, in Fällen wie dem seinen Einfluß auf die Justiz zu nehmen. Oder was sonst ist mit dem larmoyanten Satz ""Wenn der Ermittlungseifer von Staatsanwälten jedes Maß der Verhältnismäßigkeit sprengt, muss die Politik sich zu Wort melden."gemeint?
Ganz so, wie Wulff selbst seinerzeit versucht hat, auf die Presse Einfluß zu nehmen.



Aber es kommt noch besser. Sagt er doch tatsächlich über das Annehmen von Gefälligkeiten, die anrüchige Nähe von Wirtschaft und Politik, um mal den Begriff "Korruption" zu vermeiden: "Aber wenn Sie solche Maßstäbe an Politiker so unbarmherzig und rigoros anlegen, dann können Sie sich Politiker künftig im Kloster ausleihen."

Mit anderen Worten: Die Öffentlichkeit solle doch bei solchen Amigo-Verflechtungen ein Auge zudrücken, weil ohnehin alle Politiker ähnliche Leichen im Keller haben.

Vermutlich hat Wulff damit sogar Recht. Was für ein grandioses Armutszeugnis für unsere politische Kaste. Da passt es dann auch ins Bild, dass Deutschland erst kürzlich als eines der letzten Länder die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert hat, und auch das äußerst lustlos und halbherzig.

Kurze Zwischenfrage: Wenn Abgeordnete unbestechlich sind, warum brauchen sie dann elf Jahre für ein Gesetz, das die Bestechung von Abgeordneten ahndet?

Wulffs Einlassungen sind ein geradezu klassisches Beispiel für die Hybris, die unsere Politiker erfasst hat. Er sagt nichts anderes (und seine Handlungen in der Vergangenheit widersprechen dem nicht), als dass Politiker über Recht und Gesetz stehen.
Das ist im übrigen genau das, was wir tagtäglich erleben. Politiker, die Steuern hinterziehen, sich Vorteile erschleichen, bestechen oder sich bestechen lassen oder so eng mit der Wirtschaft verfilzt sind, dass es zum Himmel stinkt - leider alles schon so alltäglich, dass es kaum noch öffentlich gewürdigt wird. Man muss ja mittlerweile eher schon fragen, welcher Politiker keinen Dreck am Stecken hat.
Das betrifft auch nicht nur "die da oben". Kaum ein Landkreis oder Kleinstadt, wo die Menschen keine Geschichten über Polit-Filz und Skandälchen zu berichten wüßten.

Es scheint aber, als hätte sich die öffentliche Empörung darüber totgelaufen. Man will, man kann es nicht mehr hören. Teilweise schlägt die Stimmung sogar ins Gegenteil um, wenn allzu Unbedarfte die Verfehlungen der Volksvertreter bagatellisieren und stattdessen sogar dafür plädieren, doch nicht immer alles so "aufzubauschen".
Nur: Die Folgen dieser Entwicklung sind fatal. Das Ansehen der Politiker in der Öffentlichkeit sinkt weiter, genau so wie die Wahlbeteiligung und der Rückhalt für die Demokratie im allgemeinen.

Diese Art von Politik(er)verdrossenheit wird nicht einmal mehr, wie vor einigen Jahren noch, von der Politik mit entsprechender Besorgnis gewürdigt. Man hat den Eindruck, dieser  Mangel an öffentlichen Interesse wird von der Politik sogar noch willkommen geheißen. Im Dunkeln ist halt gut Munkeln.

Man endet bei der Grundannahme, dass 95% aller Politiker kriminell sind, auf die ein oder andere Weise, die restlichen 5% sind unbelehrbare Idealisten. In regelmäßigen Abständen erhalten wir durch den ein oder anderen Skandal die Bestätigung dieser Prämisse.
Und trotzdem spielen wir weiter bei der Demokratie-Farce mit und legen alle paar Jahre unser Schicksal in die Hände von  Menschen, denen wir nicht nur nicht vertrauen, sondern die wir samt und sonders für potentielle Straftäter halten. Wir überlassen das Recht und die Regeln, nach denen wir leben, dazu Bildung, Renten, Finanzen und das Kommando über Polizei und Militär Leuten, denen wir nicht mal eine Tafel Schokolade anvertrauen würden.

Wie absurd ist DAS DENN BITTE?


Links:
Der Artikel auf Spiegel Online
Info zur UN-Konvention gegen Korruption

Dienstag, 15. Juli 2014

15.07.2014, Tatort: RTL

Auf RTL lief gestern "Henssler hinter Gittern".

Die Rahmenhandlung: Fernsehkoch Hennsler, der gern mal auf bemüht lustig oder wahlweise auch bemüht harter Kerl macht, bringt Knastis das Kochen bei. Im Knast. Um dann gemeinsam im Knast ein Bistro zu eröffnen.

Da hat RTL mal wieder gaanz tief in die Kreativ-Kiste gegriffen. Das Konzept ist, wie fast immer bei RTL, geklaut, oder meinetwegen auch gekauft. Bereits 2012 lief in UK "Gordon behind Bars" mit Kochshow-Hansdampf Gordon Ramsay.
Das Konzept: Ramsay bringt Knastis das Kochen bei. Im Knast. Um dann gemeinsam im Knast eine Bäckerei zu eröffnen.

Natürlich geben sich Sender und Koch gleichermassen einen sozialen und sozialkritischen Anstrich. Wie immer, wenn ein Privatsender wie RTL irgendwie Benachteiligten "hilft", seien sie nun verschuldet, unansehnlich, lebten im Müll oder seien sonstwie vom Leben überfordert. Oder eben Häftlinge.
Und wie immer geht es RTL in Wirklichkeit NICHT um Hilfe, sondern um Unterhaltung, wenn auch auf niederstem Niveau. Sendungen wie diese sind keine kritischen Dokus, auch wenn sie sich gern in ein seriöses Gewand kleiden. Sendungen wie diese folgen IMMER einem Drehbuch und der Grundprämisse "viel Drama für wenig Geld". IMMER.
Wie immer werden Menschen vorgeführt, Klischees bedient und das Material mit Schnitten, Untermalungen und anderem redaktionellem Schnickschnack den simplen Botschaften des Senders angepasst. Dabei bleibt regelmäßig auch die Wahrheit auf der Strecke, was aber immer nur dann ans Licht kommt, wenn sich einer der Protagonisten nicht von den Drohungen der Produktionsfirma einschüchtern läßt und sich wehrt.

Wer immer noch glaubt, dass Privatsender antreten, um mit TV Sendungen Menschen zu helfen, der tut mir leid. 

Noch ein Wort zu Loudmouth Henssler: Möge seine Proll-Version des "Restauranttesters" als herumpöbelnder Nachfolger Rachs möglichst schnell wieder in der Versenkung verschwinden.

Weitere Infos zum Thema:

Panorama-Reportage zum Thema "Geskriptete TV-Formate"
ZAPP-Beitrag zum gleichen Thema
"Walulis sieht fern" zum gleichen Thema

Montag, 14. Juli 2014

14.07.2014, Tatort: Morgenmagazin

Das Morgenmagazin der ARD fällt eher selten durch journalistische Schärfe und Kompetenz auf.

So auch heute morgen, als sie den Vorsitzenden des NSA-Untersuchungsausschusses zu Gast hatten, Patrick Sensburg, einen CDU-Mann, der vom Co-Moderator erstmal als Phillip Sensburg anmoderiert wurde. Dieser Ausschuss ist bisher nicht unbedingt durch ernsthafte Bemühungen oder überhaupt den festen Willen aufgefallen, tatsächlich irgendetwas aufklären zu wollen.

Sensburg sollte nun die neuesten Spionage-Vorwürfe kommentieren. Die Moderatorin fragte dann zunächst, ob Sensburg seine beiden Handys, eines davon ein sogenanntes "Krypto-Handy" schon habe überprüfen lassen, da er nun ja zum "Objekt" geworden sei. Offenbar wirkt sich der frühe Arbeitsbeginn nach  dem nächtlichen WM-Finale negativ auf die Formulierungskünste der MoMa-Mitwirkenden aus.

Was die Frage der Moderatorin mit ihrer Frage allerdings ausklammert: Soweit wir wissen, sind alle Bürger Deutschlands "Objekte" (des Interesses) für US-Geheimdienste, nicht nur die Mitglieder des Ausschusses. Und das nicht erst seit gestern und unter aktiver Mithilfe deutscher Behörden.

Im Anschluss durfte sich Sensburg lächerlich machen, indem er erklärte, der Ausschuss würde zum Schutz vor Spähangriffen über den Einsatz mechanischer Schreibmaschinen nachdenken und "andere" Maßnahmen treffen, über die er "selbstverständlich nicht reden werde".

Die "wirklich wichtigen" Sitzungen würden natürlich in anhörsicheren Räumen stattfinden. Was natürlich nur insofern Sinn macht wenn a) nicht bereits ein Mailwurf mit im Raum ist, b) die Bundesregierung den USA nicht ohnehin sämtliche gewünschten Infos freiwillig liefern würde, wie verschiedene Regierungsvertreter erklärten und c) in diesen Sitzungen wirklich etwas Relevantes besprochen wird. Bisher hat gerade der CDU/CSU-Flügel des Ausschusses ja im Wesentlichen dadurch geglänzt, nach Gründen zu suchen, eine Befragung Edward Snowdens zu vermeiden.

Danach folgte mitunter der größte Schenkelklopfer des Interviews, als der Mann tatsächlich den deutschen Diensten bescheinigte, sie würden einen guten Job machen. Dieselben Dienste, die seit Jahren den Amis dabei helfen, Bundesbürger auszuspionieren, die kaum Erfolgsergebnisse vorzuweisen haben, seit Jahrzehnten die rechte Szene querfinanzieren und spätestens in der NSU-Affäre von einem Fettnapf in den nächsten getaumelt sind.

Auch danach fiel nicht ein einziges Wort über die Rechtsbrüche am deutschen Normalbürger. Stattdessen redete Sensburg, der übrigens jedes seiner Worte so stakkatomäßig und formalistisch abfeuerte, als hätte er seine Antworten auswendig gelernt, über Spionage von "privaten Dritten", die "Daten abspielen" würden, wer und was auch immer damit gemeint sein sollte.

Dieser Antwort folgte eine Steilvorlage der Moderatorin, die ernsthaft fragte, wo er denn das größere Problem sähe, in der Spionage, über die man sich ja eigentlich nicht wundern müsse ("das passiert nun mal"), oder in der NSA-Affäre. So, als könne man diese Themen überhaupt voneinander getrennt betrachten. Sensburg entblödete sich nicht, in der Spionage das größere Problem zu sehen, weil durch Industriespionage ja ein hoher wirtschaftlicher Schaden entstünde.

Am Ende wurde es dann doch noch kurz beinahe spannend, als die Moderatorin mit einem Anflug journalistischer Aufmüpfigkeit dann doch noch fragte, wer denn nun eigentlich die Bürger vor Spionage schütze.
Leider ließ sie sich von Sensburg mit Worthülsen abspeisen. "Die Politik" müsse hier "Rahmenbedingungen setzen" - so, als hätte er mit "der Politik" nichts zu tun. Der Ausschuss würde am Ende dazu auch "Empfehlungen abgeben".

Soso, "Empfehlungen". Was aus denen wird, kann man sich ja an allen verfügbaren Fingern abzählen, nachdem wesentliche Regierungsvertreter bereits frühzeitig versichert haben, dass wir "unseren amerikanischen Freunden" nicht böse sind. Oder zumindest nicht lange sein werden. Was auch nicht weiter verwundert, wenn man schaut, wer so über die "Atlantikbrücke" und ähnliche Strukturen metertief im neokonservativen Rektum der Amerikaner steckt.

Überlegen wir uns nur mal kurz, was wäre, wenn es hier nicht um Amerikaner, sondern um Russen gegangen wäre. Oder Griechen. Man ist versucht zu sagen "viel schlimmer und konsequenter". Aber ist das wirklich so? Sind nicht auch die Russen unsere Freunde? Ist nicht der ganze Rest der Welt mit uns befreundet, mit Deutschland, dem "Exportweltmeister"? Ich bin davon überzeugt, dass, ginge es nach der Bundesregierung, hier jede Nation die privaten Daten deutscher Bürger heraustragen dürfte, solange sie uns nur weiter unsere U-Boote und Volkswagen abkaufen.

Wer möchte, kann sich den Beitrag unter folgendem Link bis zum 22.07. anschauen: http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/morgenmagazin/videos/nsa-ausschuss-das-comeback-der-schreibmaschine-100.html .