Montag, 18. September 2017

Tatzeit: 24.09.17, Tatort: Deutschland

Der als sicher geltende Einzug der AfD in den Bundestag ist eine nationale Schande.

Anders kann man das nicht sagen.

Eine Partei, die Stimmung macht mit Ängsten und mit Hass, eine Partei, die mit ihrer Politik die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt,
eine Partei, die die Schwächsten in einer Gesellschaft gegeneinander in Stellung bringt,
eine Partei, deren Spitzenpersonal sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit als mißverstandene Opfer geriert,
eine Partei, die immer wieder mit nationalsozialitischer und rassistischer Symbolik und Semantik kokettiert,
eine Partei, die auf die Fragen von morgen nur Antworten von vorgestern zu bieten hat,
eine Partei, deren Wahlprogramm die Lebensrealität ihres eigenen Spitzenpersonals konterkariert,
die trotz Wahlprogramm eigentlich nur ein einziges Thema zu bieten hat

kann keine Alternative für Deutschland sein.

Die AfD hat sich nicht die Verbesserung der Lebenssituation der Bundesbürger auf die Fahne geschriben, sondern zuallererst einmal die Verschlechterung der Lebenssituation einiger Teile der Gesellschaft. Trump läßt grüßen.

Welchem "abgehängten", durch die "Wende" oder durch den Anblick eines Schwarzafrikaners traumatisierten, ostdeutschen Rentners oder Hartzers wird es besser gehen, wenn nach dem Willen der AfD die Grenzen dichtgemacht werden, die Atomkraftwerke wieder in Betrieb genommen werden, Schwule nicht mehr heiraten dürfen und die D-Mark wieder eingeführt wird?

Ich sag's euch: Keinem einzigen. Keinem einzigen AfD-Wähler aus der "Unterschicht" wird es dadurch besser gehen, keiner wird danach glücklicher oder reicher sein oder objektiv sicherer sein als vorher. Und denen aus der Mittelschicht wohl auch nicht.

Im Gegenteil. Die Spielart des kapitalistischen Egoismus, in dem es ausschließlich "zuerst ich, und was dann noch übrig ist, bekommen eventuell die anderen" heißt, fügt die AfD noch ein "..., wenn sie sich gut benehmen, nicht aufmucken und für die Almosen auch schön dankbar sind" hinzu.
Dieses Denken hat aber erst zu den Problemen geführt, denen wir heute gegenüberstehen: Klimawandel, Umweltzerstörung, Rohstoffkriege, religiöser Fundamentalismus, Massenarmut, Migrationsströme, Finanzkrise, mediale Reizüberflutung bis hin zu der Erkenntnis, dass die Kinder der westlichen Zivilisation ohne Google kein Ei mehr gekocht bekommen.

Was soll's. Die Mehrzahl der Deutschen hat schon immer gegen die eigenen Interessen gewählt, geschweige denn im Sinne eines gesellschaftlichen Zusammenhalts. Die Deutschen wählen traditionell nach dem, was vom Widerhall ihrer persönlichen Echokammer noch als "Bauchgefühl" in ihrer unteren Körperregion ankommt. Man könnte auch sagen, die Deutschen wählen vom Arsch her.
Daran wird dieser Blog hier leider auch nichts ändern.

Freitag, 1. September 2017

Tatzeit: 30.0817, Tatort: Kulmbach

Guttenberg ist zurück.

Ich könnte im Strahl kotzen.

Was für ein schönes Beispiel für die Verführbarkeit des Menschen. In einem Deutschland, das sich bis heute verwundert fragt, wie es dazu kommen konnte, dass beinah ein ganzes Land kollektiv der Nazi-Ideologie samt Judenhass und Kriegslüsternheit hinterherrannte und die Augen vor der Realität verschloss, schafft es der feuchte Traum aller Schwiegermütter mit einem einzigen Auftrit wieder zurück auf die politische Bühne. Und alle himmeln ihn an.

Ich könnte im Strahl kotzen.

Natürlich: Er sieht gut aus, hat eine hübsche Frau, reizende Kinder, ist adlig (was wohl schon ausreicht, sämtliche Wählerstimmen des bürgerlichen, weiblichen Spektrums ab 35 abzugreifen).
Dazu ist er ein guter Rhetoriker, kann überzeugend und frei sprechen und geizt auch nicht mit markigen Sprüchen. Damit hätte er den männlichen Rest der bürgerlichen Mitte im Sack.

Und noch dazu war er mal ganz oben, ist dann gestürzt (was viele damals schon nicht verstehen wollten) und kehrt jetzt geläutert und reumütig in den Schoß der CSU zurück.

SEUFZ!!! WAS FÜR EIN MANN!!!! IST ER NICHT NIIIIIIEDLICH?????

Guttenberg hat das Zeug zu einem Bilderbuch-Demagogen und Populisten. Alles, was ihn noch während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister und potentieller Bundeskanzler unsympathisch machte: seine Gelfrisur, sein ewiges Posen, sein Doktortitel, seine x adligen Vornamen - dies alles hat er abgelegt.
Er ist jetzt "KT", in allen Medien - würde mich mal interessieren, welcher PR-Agentur er das zu verdanken hat.

Der Mann kann uns alles verkaufen, und deswegen lieben ihn die Wirtschaft, die BILD-Zeitung und der Politikklüngel.
Kriegseinsätze, Waffendeals, Rentenkürzung, Grenzen dichtmachen, mehr Überwachung, Lama-Decken, Überfall auf Polen - kein Thema ist denkbar, das uns der Distelritter nicht schmackhaft machen könnte.

Wie mich das alles schon wieder ankotzt. Diese Speichelleckerei, dieses Hofieren, bis hin zum "kleinen Mann", der sich von der glitzernden Verpackung der Guttenbergs ablenken läßt.

Guttenberg ist mit einem silbernen Löffel im Mund geboren. Er ist stinkreich, bewegt sich seit Jahrzehnten in Kreisen stinkreicher, mächtiger Menschen, wurde vor Jahren schon heiß als Bundeskanzler gehandelt und auch jetzt, nach nur einem öffentlichen Auftritt,  erneut. Er betreibt seit Jahren Lobby-Arbeit für amerikanische Interessen in Europa. Man darf mutmaßen, dass der Mann sein ganzes Leben "gepampert, gepäppelt und hofiert" wurde.

Die Arroganz der Mächtigen und der Machthunger, die seine Person so deutlich durchdringen wie bei kaum einem anderen Politiker Deutschlands dieser Tage, verbirgt er hinter einer Maske der Bescheidenheit.
Sonderlich geschickt hat er sich dabei allerdings nicht mal angestellt. Schaut man genauer hin, war schon allein der Umgang mit seiner Plagiatsaffäre an Arroganz kaum zu überbieten. Bei seinem jetzigen Auftritt Kulmbach kokettierte er sogar damit und meinte, "jetzt ist auch mal irgendwann gut". Ein Satz, den man in Deutschland nur allzu gerne hört. Er habe zu dem alle Konsequenzen "ertragen". Schön, so eine weinerlich-selbstgerechte Selbsteinschätzung. Tapferer, tapferer Mann, "ertragen" hat er also sein hartes Los als überprivilegierter Jetset-Adelsschnösel.

Während und nach seiner Tätigkeit als Bundesminister hat er sich als hemmungsloser Lobbyist gezeigt, der ohne große Zurückhaltung die Interessen von Banken und (US-)Wirtschaft vertritt. Er befürwortet Kriegseinsätze und Aufrüstung und war gegen den Mindestlohn.
Und übrigens: Er war nie weg. Was jetzt als "Comeback" gehandelt wird, ist lediglich die Rcükkehr in die Öffentlichkeit. Die Person Guttenberg hat nie aufgehört, Strippen zu ziehen.

Was schon vor Jahren galt, gilt heute um so mehr: Guttenberg ist kein Anwalt der kleinen Leute und kein Freund des kleinen Mannes. Er hat nichts mit Otto Normalverbraucher gemein. Er hat immer nur die Interessen seiner "Kreise" vertreten, wußte dies in der breiten Öffentlichkeit lediglich gut zu verkaufen. Er hat dabei den Vorteil, finanziell unabhängig zu sein, er muss sich nicht verdächtig machen, es nach 4 Jahren Lobbyarbeit im Bundestag auf einen lukrativen Job in der Wirtschaft abgesehen zu haben. Solche Jobs hatte er schon als junger Mann.

Die Währung, in der Menschen wie Guttenberg bezahlt werden, heißt "Macht", bzw Zugang zu den Mächtigen.

Übrigens: Vor Publikum meinte er zuletzt, dass "wer sich straffällig gemacht hat, das Land zu verlassen habe". Soviel Selbstironie hätte ich ihm dann doch nicht zugetraut.

Aber was reg ich mich auf. Guttenberg bekommt doch längst schon wieder von allen die Rute poliert. Frankreich hat Macron, Kanada hat Trudeau, wir bekommen "KT". Oder den Lindner. Der ist ja auch wieder da, mit den selben ollen Kamellen, mit politisch ähnlichen Positionen wie Guttenberg -  Hauptsache smart und eloquent auftreten, angeblichen "Klartext" reden - reicht schon für die wunderbar-wandelbare Gunst des deutschen Wählers. Hallelujah.

Vielleicht kann der nächste Kanzler ja per "Bachelorette" gewählt werden. Merkel drückt einfach ihrem Wunsch-Beau eine Rose in die Hand - fertig. Live übertragen von RTL.