Mittwoch, 29. August 2018

Danke, AfD!

Danke, dass du mich an eine grundlegende Maxime der politischen Propaganda erinnert hast:

Nicht jeder, er nett aussieht, ist auch nett.

Denn München ist mal wieder plakatiert bis zum Erbrechen. Gefühlt hat die AfD hier die meisten Plakate geklebt, alle mit Gesichtern. Einge sehen sogar recht sympathisch aus. Und genau da hakt es: Ein netter Mensch kann nie Mitglied, geschweige denn Funktionsträger in dieser Hass&Hetz-Partei sein.
Am freundlichsten schaut dabei ein Kandidat drein, nennen wir ihn mal Mr. Braun. Seine politischen Schwerpunkte liegen lt. AfD-Webseite bei Bildung und - Tusch! - Migration.
In Sachen Bildung tritt er dafür ein, Behinderte und Migranten aus dem generellen Unterricht herauszunehmen und in Sonderschulen zu stecken. Im übrigen befürwortet er Leistungsorientierung, Ordnung und Disziplin im Klassenzimmer.
"Nett", nicht wahr? Erinnert mich im Denkansatz an das Bildungssystem zu NS-Zeiten. Polemisch zugespitzt: Behinderte und Nicht-Deutsche werden zur besonderen Verwendung Beschulung ausgesondert, der Rest wird zu guten Soldaten  Leistungserbringern gedrillt, und ab und zu gibt's eins mit dem Rohrstock.

Im Absatz über Migranten fndet sich dann die Behauptung, dass 2017 45% aller Gewalttaten in Bayern von Nicht-Deutschen begangen wurden. Nach schöner AfD-Tradition fehlt für diese Fantasiezahl jeglicher Beleg. Die offizielle Polizeistatistik des CSU-Freistaats (die nicht im Verdacht steht, sonderlich migrantenfreundlich zu sein), spiegelt diese Zahl nicht. Es gab 2017 99.660 "Rohheitsdelikte" (die sind wohl im Wesentlichen gemeint), davon 12.532 von Nicht-Deutschen begangen. Naja, Mathematik ist halt nicht jedermanns Sache.
Im übrigen hätte er seinen Ausführungen folgend Migranten gern assimiliert, m.a.W., die (illusorische und dem menschlichen Empfinden zuwider laufende) vollständige Aufgabe der eigenen kulturellen Identität zugunsten der Kultur des Einwanderungslandes.

Sooo nett ist Mr. Braun.

Was plakatieren die anderen Parteien so? Nach dem, was ich gesehen habe, überbieten sich die andern mal wieder an Einfallslosigkeit:
Die CSU hat lediglich "Bayern.München." auf ihre Plakate geschrieben. Wohl für den Fall, dass ihren Anhängern kurzfristig entfallen ist, wo sie sich befinden. Bei CSU-Wählern kann man nicht vorsichtig genug sein.
Die SPD wartet mit dem Slogan "Zamhalten statt spalten" auf. (Für Nicht-Bayern: "Zamhalten" ist die bavarisierte Form von "Zusammenhalten".) Als wäre die SPD nicht das Paradebeispiel für mangelnden Zusammenhalt und sich-gegenseitig-in-den-Rücken-fallen in der politischen Landschaft Deutschlands. Vielleicht richtet sich die Botschaft ja nicht an die Wähler, sondern nach innen an das SPD-Führungspersonal.
Die FDP hat wieder ihre quietschbunten Plakate mit den Konterfeis nichtssagender junger Männer mit Business-School-Frisuren aufgehängt.
Die Grünen haben sich das total hippe Thema "bezahlbare Wohnungen" auf die Fahne geschrieben.
Dazu kann ich sagen, dass gestern eine TV-Doku über Uschi Obermaier lief. Dort wurden u.a. kurz Bilder einer Demo aus München der frühen 70er Jahre gezeigt, bei der gegen Mietwucher und für bezahlbaren Wohnraum demonstriert wurde. Nur 50 Jahre später sind wir bei dem Thema scheinbar keinen Schritt weiter.
Von andern Parteien hab ich noch nichts gesehen. Vielleicht haben die schon aufgegeben? Ich vermisse ja nach wie vor die Beiträge der Violetten im politischen Diskurs...