Montag, 16. Oktober 2017

Tatzeit: 14.10.2017, Tatort: Somalia

Na, heute morgen schon jemand sein Facebook-Foto hellblau eingefärbt?

Wieso, fragt ihr?

Na, weil man das doch heutzutage so macht, wenn man ein politisches Statement abgeben will, bzw. Solidarität zeigen will, als "Flagge zeigen", im wahrsten Sinne des Wortes, ohne sich dabei allzusehr engagieren zu müssen.

Wieso hellblau, fragt ihr?

Na, weil das die Flagge von Somalia ist.

Wieso Somalia, fragt ihr?

Na, weil sich da vorgestern einen Selbstmordattentäter in einem Lkw in die Luft gesprengt hat und dabei 231 Menschen ums Leben gekommen sind. Hat keiner mitbekommen? Na sowas aber auch.
Ob das wohl daran liegt, dass es keine Eilmeldungen, Live-Schaltungen und spekulative Studiodiskussionen mit "Terror-Experten" auf sämtlichen Sendern gab*?

Und wieso jetzt nochmal das Facebook-Foto einfärben?

Ja genau, wieso eigentlich? Die "da unten" sterben doch sowieso dauernd. Wenn "die" nicht grade an Ebola sterben oder verhungern oder im Mittelmeer ersaufen, schlagen sie sich doch ohnehin dauernd die Köpfe ein. Da wäre doch das recht euphemistisch als "Mitgefühl" deklarierte Einfärben eines Fotos doch reine Zeitverschwendung. Und da sterben ja dann auch gleich  immer so viele! Die machen das doch mit Absicht, die "da unten".
Wenn es nach denen ginge, könnte man ja gleich jeden Tag sein Profilfoto neu einfärben. So!

Nöööööö. Die immense Solidaritätsbekundung, die mit dem beflaggten Profilfoto einhergeht, heben wir uns mal schön für "unsere" Terroranschläge und "unsere" Toten auf. Man muss schon aufpassen, für wen man heutzutage Partei ergreift.

Nicht wahr?
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....wie auch immer: Wer also heute mal so richtig was für den Weltfrieden tun möchte oder etwas, das die Lebensbedingungen in Afrika wirklich nachhaltig verbessert, oder auch etwas, das den Trauernden so richtig dolle Trost spendet, der hinterlege sein Profilbild heute mit der somalischen Flagge. Da wird das Karma mal so richtig "geboostet", und man kann mit dem guten Gefühl zu Bett gehen, heute der Weltgemeinschaft mal so richtig gezeigt zu haben, wo der Hammer hängt.


*) Die gestrige "Tagesschau" von 20:00 Uhr zum Beispiel beschäftigte sich knappe 11 der 15minütigen Sendezeit mit der Landtagswahl in Niedersachsen (so als wäre dieser in der gestrigen Berichterstattung zu kurz gekommen). Dem Anschlag in Somalia wurden ganze 30 Sekunden gewidmet, genau so lange wie der nachfolgende Beitrag über den Friedenspreis der Frankfurter Buchmesse.
Zum Vergleich: Beim Attentat von Las Vegas mit 52 Toten zwei Wochen zuvor lief der zugehörige Beitrag in der abendlichen Tagesschau als Aufmacher der Sendung, Dauer: 2 min 30, inclusive Kommentar vom Korrespondenten und einen Hinweis auf eine im Anschluss laufenden Sondersendung zum Thema.

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