Ich habe keine Ahnung, wer sich tatsächlich sonst noch die gefühlt
2000ste Talkshow zum Thema Islam oder Islamismus anschaut, ich bin heute
beim Zappen bei Maybrit Illner hängen geblieben.
Frau
Illner hat sich leider über die Jahre von der sanft-kritisch
Nachfragenden in eine provokant-penetrante Zuspitzerin gewandelt. Doch
bei dieser Show war etwas anders: Es kam tatsächlich mal jemand zu Wort,
der Substantielles beizutragen hatte, nämlich eine
Religionswissenschaftlerin, die über Jahre über Islamismus geforscht
hat und europaweit junge "Konvertiten" interviewt hat.
Die kam
zwar auch wieder erst zu Wort, nachdem die üblichen Krawall-Verdächtigen
wie CSU-Scheuer sich ausgetobt hatten, durfte dafür aber ausreden, wohl
weil man in der Runde spürte, dass hier endlich mal jemand wußte,
worüber sie redete.
Quintessenz ihres erhellenden
Beitrages: Es bringt wenig bis nichts (wie am Beispiel A. Amris gut
dokumentiert), wenn Strafverfolgungsbehörden in ihren Kämmerlein hocken
und alle für sich unendliche Datenmengen sammeln, mit diesen dann aber
nix anzufangen wissen. Ihr Standpunkt war, dass es unendlich mehr
bringt, mehr Geld in Prävention zu stecken, um jemanden erst gar nicht
zum "Gefährder" werden zu lassen.
Der anwesende
"Terrorismus-Experte" (ich liebe diesen Begriff) pflichtete sofort bei
und hatte auch gleich noch zwei Beispiele aus Dänemark und Holland
parat, wo Präventionskonzepte gut funktionierten.
Das
brachte den anwesenden Heiko Maas dazu einzuwerfen, man gebe ja bereits
unglaubliche 100 Mio Euro für Prävention aus. Der "Experte" warf darauf
ein, dass dieses Geld erst seit zwei Jahren zur Verfügung steht, eine
Frauenstimme rief, dass Geld allein nicht ausreiche, und ich glaube
Stephan Aust meinte, dass 100 Mio gar nicht so unglaublch sind.
Diese
ewigen Zahlenspielereien in Talkshows nerven ohnehin, aber überlegen
wir uns nur mal kurz, dass es in Großstädten mindestens eine Behörde, in
Kleinstädten mindestens eine (gut ausgebildete) Person geben müßte, die
sich lokal um Prävention kümmert. Man kann sich ausrechnen, wie schnell
allein die Personalkosten die 100 Mio dahinschmelzen lassen.
Man
kann auch mit einem holprigen Vergleich argumentieren: Die Deutschen
geben im Jahr 9 Millarden (!) Euro für Haustiere aus. Gemessen an der
derzeitigen Angst und Medienpräsenz der Thematik "islamistischer
Terrorismus": Wieso ist uns dessen Prävention so viel weniger wert?
Haben wir doch mehr Angst davor, dass uns Fluffelhunde auf
Schappi-Entzug auf den Teppich kacken, als vor Amokläufern auf dem
Oktoberfest?
Oder wollen wir lieber weitere Milliarden
in sinnloses Militärequipment versenken (wobe mir persönlich eine
Investition in nicht fliegende Kampfdrohnen lieber ist als in welche,
die wirklich funktionieren)? Oder geht es um die "schwarze Null"? Wo
doch ein leidvoller Blick in Richtung CSU zeigt, dass uns die schwarzen
Nullen so schnell nicht ausgehen werden?
Was ich damit
eigentlich sagen will: Danke dafür, dass mal jemand zu Wort kam, der
Ahnung hat, und nicht nur das übliche Spektrum aus Krawallnasen und
Beschwichtigern.
Und, nur um auch das mal gesagt zu
haben: Die populistischen Forderungen nach "wegsperren" oder "ausweisen"
lassen sich einfach beantworten: Wir leben in einem Rechtsstaat und
nicht in einer faschistischen Diktatur. Daher kann sich jeder hier
lebende Mensch (so z B auch Pegida-Anhänger und Co) darauf verlassen,
dass er erst eingesperrt wird, wenn er etwas verbrochen hat bzw.
rechtskräftig verurteilt wurde. Blöde Sache, so ein Rechtsstaat -
zumindest, solange es um das Wegsperren der "anderen" geht.
Uns
ausweisen kann ich nur den, der nicht deutscher Staatsbürger ist. Ein
großer Teil der Konvertiten dürfte dieses Kriterium nicht erfüllen.
Zumindest mit denen muss sich der deutsche Staat selbst auseinander
setzen. Und da ist Prävention vielleicht nicht das schlechteste. Vor
allem, wenn man sich die Alternativen anschaut.
Und das ewige
Geblöke nach "mehr Überwachung"? Dass "mehr Überwachung" schon einmal
gezielt Verbrechen verhindert hätte, dieser Beweis steht glaube ich noch
immer aus. Kameras an jeder Ecke sorgen lediglich dafür, dass es für
jede kriminelle Tat hinterher (!) eine Menge Bilder und Videos gibt, die
dann in allen Medien rauf und runter gezeigt werden. Echten Terroristen
dürfte das gefallen.